Eltern: Fluch oder Segen
- Lilith Sander
- 20. Okt. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Dez. 2023
Eltern haben einen großen Input in das Leben eines Menschen.
Oder sagen wir besser: Der Einfluss ist immens.
Hat man liebende Eltern, oder zumindest ein liebendes Elternteil, so erfährt man eine sichere und spaßige Kindheit. Man genießt schon von kleinauf Bildung, sogar, wenn die Eltern selbst nicht viel Bildung genießen durften. So wird dennoch alles erklärt, was sich erklären lässt, und dafür gesorgt, dass das Kind es einmal besser hat. Lehrer werden engagiert, Hausaufgaben unter Aufsicht gemacht und Instrumente, oder zumindest Sprachen, gelernt. Das Kind wächst in Schutz und Liebe auf, es wird behutsam aufgefangen und finanziell umsorgt. Es werden schöne Urlaube geplant, Brettspiele am Abend gespielt und auf eine gesunde Mundhygiene geachtet. ;-)
Es wird sogar aufgepasst, dass das Kind gute Freundschaften knüpft und sich eine hohe soziale Kompetenz entwickeln kann. Das Kind wird zur Schule und von der Schule zurück zum Klavierunterricht gefahren. Oder zumindest zu Fuß abgeholt und dann wird noch ein Eis beim Italiener gegessen. Freunde des Kindes werden ein Mal die Woche mit abgeholt und dann werden viele, bunte Partys gefeiert und somit wird quasi nebenbei auch noch die Beliebtheit gesichert. Kinder aus gutem Hause werden so schnell sicher keine Opfer.
Dieser kleine, umsorgte Mensch lernt also von kleinauf Folgendes: Wie man sich in der Öffentlichkeit verhält, wie man sich anzieht, wie Mathematik geht (ok, zumindest das 1x1), Körperhygiene, Sprachen, Instrumente, – ja ganze Möglichkeiten und neue Welten erfährt es! Fremde Kulturen, viele Freundschaften, meist sogar eine reiche (oder zumindest finanziell sorgsam gesparte und somit eine im Reichtum ermöglichte) Umgebung!
Wenn es mal auf die schiefe Bahn zu geraten scheint, greifen die Eltern schnell ein und sorgen für eine Korrektur. Wirklich abrutschen kann das Kind eigentlich nicht.
Wenn es dann später erwachsen ist, geht es mit der Bildung, auf die die Eltern geachtet haben, auf die Universität. Studiert aber natürlich nicht „irgendwas“ „einfach so“, sondern etwas Handfestes, denn das Kind SOLL ES SPÄTER MAL GUT HABEN. Es lernt einen finanziell aussichtsreichen und krisensicheren Beruf. Wird Arzt oder zumindest Lehrer.
Es heiratet. Bekommt selbst Kinder, und so wiederholt sich im besten Falle alles erneut.
Aber auch in dieser Phase des Lebens sind die Eltern nicht einfach von der Bildfläche verschwunden. Denn auch hier helfen die Eltern nicht nur als Omas und Opas, die auf die Urenkel aufpassen, sondern unterstützen auch finanziell, was das Zeug hält.
Und das – ich wiederhole –
UND DAS IST IMMENS.
Es gibt Eltern, die ihren erwachsenen Kindern ein Haus kaufen. Oder zumindest zur Hälfte mit abbezahlen. Oder die Kinder erben die Immobilien oder das Unternehmen der Eltern.
Selbst Eltern, die wenig Geld haben und eher zur unteren Einkommensklasse zählen, geben reichlich! Auch hier wird Auto, Haus & Co schnell mal mitfinanziert.
Von der Hochzeit will ich gar nicht erst anfangen...
Insgesamt brauchen die Kinder sich nie so „wirklich“ Sorgen zu machen. Denn die Eltern fangen immer auf.
Natürlich können Schicksalsschläge eingreifen und unvorhergesehene Katastrophen auftauchen, die auch die besten Eltern nicht bereinigen können. Aber im Generellen gilt: Dem Kind ist lebenslang (!) ein wirklich gutes Leben gesichert. Viele Freunde, viel Bildung, viel Geld. Echte Sorgen wurden weit verbannt.
Und das ist auch gut so! Ich möchte hier nicht sagen, dass das etwas Schlechtes sei. Nein, ich möchte, dass meine Kinder auch mal ein schönes Leben haben, möglichst frei von echten Schwierigkeiten und horrorfilmartigen Krisen.
Ich freue mich wirklich sehr für diese Kinder, die das Leben auf dem Ponyhof erleben dürfen!
So himmlisch ein Leben unter dem Schutzmantel der Eltern sein kann, so höllisch wird es, wenn Eltern ihre Position missbrauchen.
Welcome to hell, little child.
Da draußen gibt es so viel abgrundtief Böses – und all das geschieht den Schwächsten unter uns.
Es ist nicht nur so, dass das Kind keinen Reichtum erfährt, keine Bildung genießt, keine Hygiene lernt, keine Chance auf Freunde hat, keine Urlaube macht, keine Sprachen & Instrumente lernt, keine finanzielle Sicherheit hat, - nein, wir reden hier nicht einfach nur von „ungerechten Chancen“.
Das Problem ist auch nicht das Geld. Kinder aus ärmeren Schichten sind nicht durchweg benachteiligt. Liebende Eltern finden oftmals Wege, wie sie ihre Kinder unterstützen können.
Nein, wir reden hier von ganz anderen Zuständen.
Besonders schützenswerte Personen, oder generell Lebewesen, sind dabei gerade diejenigen, die man besonders leicht misshandeln kann.
Denn wer Schutz braucht, ist schutzlos ausgeliefert.
Eltern haben Verantwortung für ihre Kinder und das bedeutet automatisch, dass sie Macht über ihre Kinder haben. Und Macht bedeutet hier, dass man Entscheidungen trifft, dessen Konsequenzen die Kinder tragen.
Menschen können echte Monster sein. Und diese Monster können Eltern werden.
Und wenn das Kind dann traumatisiert, geschändet und hochmissbraucht erwachsen wird – meist ohne Bildung, ohne finanzielle Sicherheit, ohne einen Ort, an dem es an Weihnachten heimkommen kann – ja, dann ist der Horror noch lange nicht vorbei. Denn das Leben da draußen hat echte Probleme zu bieten. Und wenn keiner da ist, der dir wirklich helfen kann (Eltern), dann sitzt man tief im Dreck.
Dann kommen finanzielle Existenznöte.
Oder falsche Freunde, vor denen dich keiner warnt und schützt.
Alkohol und Drogen bieten sich kurzerhand als liebende Begleiter an. Die fehlende Bildung sorgt für Verschwörungstheorien und generell falsche Weltansichten (Nazis zB).
Kriminalität scheint dann schnell einen Lösungsweg darzubieten, um sich helfen zu können.
Wie gerne würde ich jetzt all diesen Menschen, die dem zum Opfer gefallen sind, sagen, dass sie am Ende trotzdem gewinnen, dass sich alles zum Guten wendet und all die Misshandlungen noch ihren „tieferen Sinn“ zeigen werden. Aber dem ist nicht so.
Denn die Wahrheit ist: Missbrauch hat keinen Sinn, es wendet sich nur selten zum Guten, und hat echte, nachhaltige, ja meist sogar irreparable Schäden. Der Mensch geht kaputt.
Mit Schuld daran sind oftmals auch Lehrer, Nachbarn und Mitschüler, die sich nie wirklich eingesetzt haben, aber dafür herabschauend gelästert oder gar gemobbt haben: „Wie das Kind wieder aussieht!“, „Also, was für Manieren!“ etc.
Dennoch gibt es auch Hoffnung für all diejenigen, die Schlimmes aufgrund des Elternhauses erlebt haben.
Denn wenn man es schafft, daraus zu wachsen und sich nicht fertigmachen lässt.
Wenn man aufsteht und weiter macht und nach Chancen sucht,
Wenn man Hilfe annimmt,
Wenn man da raustritt,
dann, und das weiß ich mit Sicherheit,
dann wird man hinauswachsen, man wird noch stärker, noch geschickter, noch tiefsinniger werden, als es gute Eltern je hätten ermöglichen können.
Man wird zu einer echten Persönlichkeit werden - mit Substanz und Charakter.
Und das kann dir weder jemand kaufen noch schenken.
Das kann man nur erhalten, wenn man Dinge überwindet, die eigentlich dazu gedacht waren, dich zu überwinden.
Lilith
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