Back To The Books
- Lilith Sander

- 25. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Nicht erst seit Stranger Things oder den neuen Alben von Apache sind die alten Zeiten wieder zurück. Zwischen Neonfarben, Bässen der 80er, 90er und 2000er wünschen sich immer mehr Menschen nicht nur Retro Handballschuhe von Adidas zurück, sondern auch und vor allem die vormedialen, Internet-gedrosselten, entspannten Zeiten, in denen man noch keine Ahnung von Brainrot und TikTok hatte.
Was war früher doch alles besser!
(Psst: War es nicht immer und vor allem nicht die 2000er, aber naja).
Back to the roots heißt es in der Mode.
Back to the 80s in der Medienindustrie.
Aber nur ein Back to the books kann dir die verhoffte Entspannung bringen.
Brainrot exklusive.

Du brauchst kein Klapphandy mit Snake, keinen Röhrenfernseher und auch keine Digicam.
Was du brauchst, mein Schatz, SIND BÜCHER.
BÜCHER.
Der frische Duft alter Seiten.
Buchstaben auf echtem Papier.
Die Fähigkeit, dich konzentrieren zu können und Dinge einfach mal analog zu lesen - ohne Gefahr zu laufen von einer nächsten Statusmeldung abgelenkt zu werden oder nur mal eben die Neuigkeiten in sämtlichen sozialen Medien abzuklappern - ist eine der gefragtesten Anforderungen unserer Zeit.
Alle Neuigkeiten und zig Informationen auf einmal verarbeiten? Nein, ein Buch gibt dir nur das, was du sehen möchtest.
Ganz ohne Blinkmeldungen, die um deine Aufmerksamkeit haschen, um dir wieder etwas verkaufen zu wollen.
Ohne Werbepausen, Produkte, Schönheitsideale, unerreichbare Träume, die die Kapitalismusmaschinerie erfunden hat, um dich an der kurzen Leine zu halten und dich klammheimlich auszubeuten.
Nein. Ein Buch ist dein Freund.
Ein Angebot, das du annehmen kannst, wenn du wirklich willst.
Es drängt sich nicht auf, es liegt da. Ruhig und entspannt und mit einer Gelassenheit, die sich auf dich übertragen kann, wenn du dir die Zeit nimmst.
Zeit, um dich auf eine Geschichte und eine Handlung zu einzulassen.
Zeit, um Neues zu lernen.
Zeit, um dich inspirieren zu lassen.

Dazu ein Schwarztee mit feiner Bergamotte-Note in einem bauchigen Teekessel, frisch gekauftem Gebäck vom Traditionsbäcker, liebevoll angerichtet auf einer Porzellanschale, und einem tiefen Ohrensessel, der dich in seine Arme nimmt. Poesie - sie beginnt in den Details. Wie du deine Umgebung einrichtest, was du für dich machst, was du für dich zu geben bereit bist.
Deine Lebenszeit und Konzentrationskrqft einfach so in den Müll zu kippen, kann nie und nimmer dein Ernst sein. Du würdest doch sicherlich auch nicht bis 17 Uhr schlafen, dir dann chinesische Instantnudeln rein pfeffern und dir den Rest des “Tages” mit Reels und Zocken um die Ohren schlagen?
Du würdest doch sicher keine Lust dazu haben, auf ein Leben zurückzublicken, das du zwischen Lustlosigkeit und Gemütlichkeit verloren hast und dich nachher fragen, warum du dich - obwohl du nichts geleistet hast - immer so gefühlt hast, als hättest du eine 36 Stunden Schicht als Oberärztin hinter dir?
Sich auf eine Sache konzentrieren zu können und am Ball zu bleiben, ist ein höchst attraktives, wertvolles Gut dieser Tage. Nichts ist so wertvoll und so potentiell ertragreich wie deine fokussierte Aufmerksamkeit.

Und nichts trainiert deinen Aufmerksamkeitsmuskel so gut wie ein Buch. Kannst du dich noch einfach hinsetzen und dich in ein Buch vertiefen? Raum und Zeit vergessen - und zwar nicht dank schnelllebiger Kurzvideos, die dein Gehirn auf eine bunte Karussellfahrt schicken, sondern dank eines gewöhnlichen Buches?
Wenn nicht, dann bist du mit einem Fuß bereits in Perspektivlosigkeit, Depression und Dauermüdigkeit drin, das verspreche ich dir. Du kannst nicht deine Aufmerksamkeitsspanne trainieren und dich gleichzeitig wie gerädert fühlen. Dein Dopaminmissbrauch in allen Ehren, aber er ist der Grund, weshalb dein Bett nicht gemacht ist, dein Kühlschrank nur Insantpackungen zu bieten hat und deine Lebensfreude den Bach runtergelaufen ist. Im Schnelltempo.
Dopamin wurde nicht dazu erfunden, dich glücklich zu machen.
Dopamin hält dich bei der Stange, indem es dir weis machen will, dass es dir gut geht und dass du gerade eine Menge Spaß hast, aber in Wahrheit finanzieren andere Menschen mit deinem so genannten Glückshormon ihren Lebensstandard, indem sie dich hinterrücks ablenken, ruhigstellen und berauben. Während du seelenruhig TikTok schaust und meinst, es gehe um dein Wohlbefinden.
Du kannst ja Kurzvideos schauen und alle sozialen Medien der Welt benutzen! Das ist nicht per se schlecht. Ich selbst produziere Kurzvideos (wobei… meinen Lebensunterhalt muss ich mir dennoch anderweitig finanzieren, was mache ich falsch 😂), aber sie sind als Genussmittel gedacht und nicht als Lebensinhalt.
Jeden Tag eine Pulle Rotwein zu trinken, wäre fatal.
Sich ab und zu ein Glas zu genehmigen, ist absolut in Ordnung.
So wie es eben mit sämtlichen Genussmitteln der Fall ist. Benutze sie in Maßen, damit der Genuss sich nicht in Schaden umschlägt.

Jetzt, wo ich dir eindringlich gezeigt habe, dass Bücher dein Leben äh deine Konzentrationsfähigkeit retten können, brauchen wir nur noch einen Plan, wie du diese Bücher in deinen Alltag integrieren kannst.
Zwischen Haushalt, Einkauf, Kinder, Partner, Freunde, Job… wann soll man sich da mal Zeit freischaufeln und es sich im Ohrensessel gemütlich machen?
Da habe ich eine Idee für dich:
Ein Buch in jeder Tasche.
Und in jedem WC haha.
Dein Handy hast du schließlich auch überall dabei und Zeit für Insta hast du auch etliche Male am Tag. Also kannst du von nun an auch statt deinen Kopf ins Handy auch in ein Buch hängen lassen, während du mal wieder auf die Bahn wartest, auf Toilette bist (Klassiker!) oder dich mal 10 Minuten zum Ausruhen aufs Sofa gesetzt hast.



Pack dir vor allem für unterwegs am besten jetzt schon mal ein Buch in jede Tasche. Es muss ja nicht direkt ein dicker Schinken sein. Es gibt tolle, anspruchsvolle Literatur, dünn verpackt auf 100 Seiten. Ich liebe zum Beispiel diese kleinen C.H. Beck Wissensbücher. Anspruchsvoller Inhalt, man lernt neues über Weltgeschichte und verinnerlicht bildungswissenschaftliche Ausdrucksweisen.
Du kannst es aber auch erst mal mit St. Antoines Der kleine Prinz versuchen.
Oder mit dem Prozess von Kafka.
Oder Nabokovs Lolita.
Oder irgendeiner kitschigen Belletristik, die deine romantischen Sehnsüchte nach Mr. Right stillt (oder weckt?). Auch wenn ich Letzteres nicht unbedingt empfehlen würde, ist dennoch alles besser als nie enden wollende, dich konsumierende Handyswiperei.
Lass dir dein Leben nicht so aus den Händen gleiten.
Halt es fest.
Und am besten macht man das mit einem Buch.
Lilith





Kommentare